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Goniometrische Gleichungen


In einer goniometrischen Gleichung tritt die Unbekannte im Argument trigonometrischer Funktionen auf. Die Lösung verlangt trigonometische Umformungen und die Anwendung der Arkusfunktionen.

Einige Arten goniometrischer Gleichungen können in unendliche viele Lösungen haben. Es lohnt sich aber immer, den Aufgabentext genau zu lesen: Oft ergibt sich aus der Aufgabenstellung, dass Lösungen nur in einem vorgeschriebenen endlichen Intervall gesucht werden sollen. Häufig wird das Intervall [0, 2π] vorgeschrieben. Das entspricht gerade einer Periode der Sinus- und der Cosinusfunktion.

Für die Lösung goniometrischer Gleichungen stehen die folgenden Verfahren zur Verfügung, die gelegentlich auch kombiniert werden:

Einfache Gleichungen




  cos
  (
    
      x
      -
      
        
          π
        
        
          2
        
      
    
  )
  =
  0


In einem ersten Schritt schreibst du einen Ausdruck für die Nullstellenmenge der Cosinusfunktion an:




  {
    
      
        
          π
        
        
          2
        
      
      +
      k
      ·
      π
      |
      k
      
      
    
  }


Sodann setzt du das Argument der Cosinusfunktion dem Ausdruck der Nullstellenmenge gleich:




  x
  -
  
    
      π
    
    
      2
    
  
  =
  
    
      π
    
    
      2
    
  
  +
  k
  ·
  π


Diese Gleichung wird nun nach x aufgelöst. Die Lösung lautet:




  x
  =
  π
  +
  k
  ·
  π


Unter Verwendung dieses Ergebnisses könntest du die Lösungsmenge angeben:



  L
  =
  {
    
          π
      +
      k
      ·
      π
      |
      k
      
      
    
  }


Obwohl das eine korrekte Lösung ist, bevorzugen Mathematiker in der Regel eine etwas andere Gedankenführung:

Zunächst wird vereinfacht:




  x
  =
  π
  +
  k
  ·
  π
  =
  (
    
      k
      +
      1
    
  )
  ·
  π
  =
  
      k
      
  
  ·
  π


Nach dem Ausklammern von π wird der in Klammern stehende Ausdruck durch die Einführung einer neuen Variablen weiter vereinfacht.

Die Lösungsmenge kann nun in dieser Form geschrieben werden:




  L
  =
  {
    
      
        k
        
      
      ·
      π
      |
      
        k
        
      
      
      
    
  }


Hier wird stillschweigend die Tatsache benutzt, dass für jede ganze Zahl k auch die Summe k + 1 eine ganze Zahl ist. In Zeichen:




  k
  
  
  
  k
  +
  1
  
  


Viele Mathematiker neigen im Übrigen dazu, in dem angegebenen Ausdruck für die Lösungsmenge den Strich neben der neu eingeführten Variable einfach wegzulassen.


Raffiniertere Aufgaben: Lösungen für spezielle Werte einer trigonometrischen Funktion

Aufgaben, in denen trigonometrische Funktionen verschiedener Ausdrücke vorkommen

In diesem Fall muss in einem ersten Schritt eine Form hergestellt werden, in der alle trigonometrischen Funktionen das gleiche Argument haben (Ausnahme: trigonometrische Funktionen einer Konstanten). Für diese Umformungen werden die Additions­theoreme und die Formeln für Funktionen vielfacher und halber Winkel verwendet.

Durch die Anwendung der Additionstheoreme erhältst du in der Regel Ausdrücke, in denen verschiedene trigonometrische Funktionen vorkommen. In einem weiteren Vorbereitsungsschritt muss diese Verschiedenheit beseitigt werden.

Aufgaben, in denen eine trigonometrische Funktion mehrfach vorkommt

Hier kann, falls alle Vorkommen der trigonometischen Funktion das gleiche Argument haben, sofort substituiert werden. Durch Substitution erhältst du eine lineare oder eine quadratische Gleichung, die du auflöst. Mit den erhaltenene Lösungen führst du die Rücksubstitution aus, die allerdings nicht immer eine Lösung zur vorgelegten Aufgabe beiträgt.

Beispiel




  
    sin
    2
  
  (
      x
  )
  +
  3
  ·
  sin
  (
      x
  )
  =
  =
  0


Ähnliches Beispiel:



  
    cos
    2
  
  (
      x
  )
  -
  2
  ·
  cos
  (
      x
  )
  =
  3

Aufgaben, in denen mehrere trigonometrische Funktionen vorkommen

Hier ist zunächst so umzuformen, dass nur noch eine trigonometrische Funktion auftritt. Für diesen Umformungsschritt verwendest du trigonometrische Identitäten. Wenn die Sinusfunktion und die Cosinusfunktion in einer Gleichung auftreten und gleiches Funktionsargument haben, hilft diese Identität:




  
    sin
    2
  
  (
      x
  )
  +
  
    cos
    2
  
  (
      x
  )
  =
  1


Beispiel:




  
    sin
    2
  
  (
      x
  )
  +
  2
  ·
  cos
  (
      x
  )
  -
  2
  =
  0


Hier ersetzt du sin2(x) durch 1 - cos2(x). Diese Ersetzung liefert dir:



  1
  -
  
    cos
    2
  
  (
      x
  )
  +
  2
  ·
  cos
  (
      x
  )
  -
  2
  =
  0

Das ist natürlich:



  -
  
    cos
    2
  
  (
      x
  )
  +
  2
  ·
  cos
  (
      x
  )
  -
  1
  =
  0

Jetzt hast du die Gleichung in eine Form gebracht, die die Lösung durch Substitution ermöglicht.


Ausführliche Lösung:



  
    cos
    2
  
  (
      x
  )
  -
  2
  ·
  cos
  (
      x
  )
  =
  3

Du führst zunächst eine neue Variable ein:



  u
  =
  cos
  (
      x
  )

Nun ersetzt du alle Vorkommen von cos(x) durch u. Aus cos 2 ( x ) wird also u 2 und aus cos ( x ) wird u . Du erhältst diese Gleichung:



  
    u
    2
  
  -
  2
  ·
  u
  =
  3

Das ist eine quadratische Gleichung in der Unbekannten u, die du in Normalform bringen und sodann mit einem Verfahren deiner Wahl lösen kannst:

Du findest zwei Lösungen:



  
    u
    1
  
  =
  -
  1
  ;
  
  
    u
    2
  
  =
  3

Diese beiden Lösungen setzt du in die definierende Gleichung für die Variable u ein. Du erhältst zwei Gleichungen, die du beide lösen musst:




  
    
      
        -
        1
        =
        cos
  (
      x
  )
      
    
    
      
        3
        =
        cos
  (
      x
  )
      
    
  

Diese Einsetzung wird Rücksubstitution genannt.

Die erste Gleichung liefert dir den Wert x = π, die zweite Gleichung hat keine Lösung, da die Cosinusfunktion nur Werte zwischen -1 und 1 annehmen kann.

Als Lösungsmenge erhältst du also:

Die erforderlichen Rechenschritte im Überblick:

  1. Eine neue Variable einführen, die die in der Gleichung vorkommende trigonometrische Funktion benennt.

  2. Substitution

    In der gegebenen Gleichung alle Vorkommen der trigonometrischen Funktion durch die neue Variable ersetzen.

  3. Die Lösungsmenge der durch die Ersetzung erhaltenen Gleichung bestimmen.

  4. Rücksubstitution

    Alle erhaltenen Lösungen in die Definitionsgleichung für die neu eingeführte Variable einsetzen. Für jedes Element der im 3. Schritt bestimmten Lösungsmenge erhältst du eine Gleichung, die die Unkannte im Argument einer trigonometrischen Funktion enthält.

  5. Die Lösungsmengen aller durch Rücksubstitution erhaltenen Gleichungen bestimmen.

  6. Alle erhaltenen Lösungsmengen vereinigen.


Gelegentlich ist die schematische Anwendung des Lösungsverfahrens unvorteilhaft. Betrachte die Gleichung



  sin
  (
      φ
  )
  =
  sin
  (
    
      φ
      +
      a
      ·
      x
    
  )

die für von Null verschiedene Werte von a nach x aufgelöst werden soll.

Hier ist es zweckmäßig, die Periodizität der Sinusfunktion auszunutzen:



  sin
  (
      φ
  )
  =
  sin
  (
    
      φ
      +
      2
      ·
      π
      ·
      i
    
  )
  
  für
  
  i
  
  

Wir können jetzt schreiben:



  sin
  (
    
      φ
      +
      2
      ·
      π
      ·
      i
    
  )
  =
  sin
  (
    
      φ
      +
      a
      ·
      x
    
  )

und erhalten durch Vergleich der Funktionsargumente:



  
    
      
        φ
        +
        2
        ·
        π
        ·
        i
        =
        φ
        +
        a
        ·
        x
        
        für
        
        i
        
        
      
    
    
      
        2
        ·
        π
        ·
        i
        =
        a
        ·
        x
      
    
    
      
        x
        =
        
          
            2
            ·
            π
            ·
            i
          
          
            a
          
        
      
    
  

Die Lösungsmenge der Gleichung ist mithin:



  L
  =
  {
    
      
      x
      
    
    
    |
    
    
      
      x
      =
      
        
          2
          ·
          π
          ·
          i
        
        
          a
        
      
      ,
      
      i
      
      
      
    
  }

Das ist allerdings nicht die vollständige Lösungsmenge!

u

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